Flauberts frühe Fickgeschichten

DREIßIG JAHRE nach Gustave Flauberts Tod erschien 1910 erstmals die Erzählung „November“, was der Autor stets ungeschehen machen wollte.

Flaubert war so 19, 20, 21 Jahre alt, als er diese Geschichte vom leidenschaftlichen Jüngling verfaßt hat, und wenn man sich diesen Leidensweg durchliest, dann kann man sich schon vorstellen, weshalb der Autor das lieber in der Schublade behalten hat. Der Jüngling ist so 15, 16 Jahre jung und läuft febriler als Büchners Lenz durch die Welt, auf der Suche nach einem Idealweib, einer Mätresse, die er mit seiner ganzen Liebe zuschütten kann. Die Suche treibt ihn hin und her - und dann steht er bei einer Prostituierten im Zimmer, was ich immer für die unlyrischste Szene egal welchen Buches halte. Sie heißt Marie und erzählt en passant ihre ganze Lebensgeschichte, was den größten Teil des Buches braucht, sie ist ja schon einiges älter als unser Jüngling. Sie hat also ihr ganzes Leben über ihren Idealmann gesucht, bis sie bei der Prostitution gelandet ist.

Wir sehen, unser Jüngling und Marie ergänzen sich ganz prächtig. Aber der junge Mann beginnt nun seinerseits zu schwadronieren und steigert sich in Vorstellungen von exotischen Phantasiewelten, daß der Leser gar nicht mehr weiß, was das zu bedeuten hat. Gustave Flaubert hat wohl auch gemerkt, daß ihm da die Fäden entglitten sind, und schnell greift ein Erzähler ein und macht diesem romantischen Überschwappen ein Ende.

Der Erzähler erklärt sich als Finder des vorliegenden Tagebuches eines jungen Mannes, der von Stund an verschwunden ist, wie der Handlungsfaden von „November“. Und warum hat der ältere Flaubert „November“ nicht überarbeitet? Wahrscheinlich war er sich darüber im klaren, daß diese an Hysterie grenzende Innenbetrachtung, die sich noch in der ganzen Außenwelt widerspiegelt und in Phantasmen übergeht, ein Sujet der Romantik und Spätromantik ist, und dafür ist er 1821 zu spät zur Welt gekommen.

Starship 1: Just what is it that makes today's Berlin so different, so appealing?
  1. Editorial #1 Starship
  2. Moontrip Ulrich Heinke
  3. Und täglich grüßt das Murmeltier Ariane Müller
  4. Golfen Katja Eydel
  5. ...ein guter Satz aus Zufall, meinetwegen! Michaela Eichwald
  6. Letztens hat mir mein Freund U. Judith Hopf
  7. Joan Semmel, Sylvia Sleigh, Audrey Flack Antje Majewski
  8. Ein schönes und intelligentes Ambiente Stefan Römer
  9. The Terror Starship Florian Zeyfang
  10. Wer ruft das Off von außen ? Ariane Müller
  11. gentrifikation / nullpunkt / broken windows* Nicolas Siepen
  12. „Die Beute“ - Relaunch Sabeth Buchmann
  13. Woher man denn kommt Isabelle Graw
  14. SituationistInnen und andere ... Katrin Pesch
  15. Immer noch Jim Dines Mülleimer Gunter Reski
  16. Futura 2000 Axel John Wieder, Christian Flamm
  17. Der NINA TEMPEL und HUCKS HAUS Elke aus dem Moore
  18. Primärfarben anscheinend verboten Gunter Reski
  19. Todesenthusiasten Petra Langemeyer, Heike Munder
  20. May 98 Kyron Khosla
  21. Was, wenn es Wirklichkeit wird ? Elisabeth Hautmann
  22. Grammatik: Schwierigkeiten bei der Anwendung des besitzanzeigenden Genitivs Frank Frangenberg
  23. Das Ende Mussolinis Linda Bilda
  24. Nutzen & Co Gunter Reski
  25. Domination and the Everyday Ulrike Müller
  26. Gegen Grenzproduktion in der Festung Europa
  27. Radek Oleg Kireev
  28. Polonia Express Tibor Varnagy
  29. Flauberts frühe Fickgeschichten Fabian Reimann
  30. Aus Alzheimer Helena Huneke
  31. Hallo neues Vorbild Gunter Reski
  32. Einige Fragen beim Lesen von Henry James Francesca Drechsler
  33. 100 Jahre Merve Hans-Christian Dany, Peter Gente, Heidi Paris, Ulrich Dörrie
  34. Reise mit Fragezeichen zur Minus 96 ins Ahornblatt nach Berlin Barbara Schüttpelz, Stephan Dillemuth
  35. Ich fühle daß mein Glück Kerstin Kartscher
  36. Jeder Mensch, der ein Bier falten kann, ist ein Künstler Ran Huber
  37. knife under pillow Phil Smith
  38. what's in the pantry today ? Massimo Richter
  39. Stirbt der Mensch als Künstler Dany Müller
  40. Anmerkungen zu Henry Bond Starship
  41. You're next Cathy Skene
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