Als Mitte wurde Pt.1

Das ist ein alter Text, den ich für Axel John Wieders Katalog Jetzt und zehn Jahre davor geschrieben habe. Der Katalog wurde nie publiziert und der Text immer mal wieder angefragt, also nun hier im Blog in vier Teilen.

Im Jahr 2000 als der Umstrukturierungsprozeß in Berlin Mitte als abgeschlossen galt, machte ich für die Zeitschrift STARSHIP ein Interview mit Jutta Weiz vom Wohnungsbauamt Mitte. Jutta Weiz ist allen, die in den 90er Jahren in Berlin einen Raum mieten wollten, ein Begriff. Sie war die eine Ansprechperson, die über die Quadratmeilen ungenützter Wohnungen, Ladenlokale und Hinterhoffabriksräume verfügte. Einen guten Kontakt zu Frau Weiz zu haben, war blanke Münze. Die Entscheidungen, wer in Mitte wo wie viel Platz bekam, hingen auch an ihrer Sympathie zum Nachfragenden.
Das mag übertrieben klingen. Schliesslich würde man denken, Miete ist Miete und auch in Mitte sollten mehrere Interessenten an dieser Miete im Spiel gewesen sein. Tatsächlich war aber noch an fast alle Häuser das WBM Zeichen geschraubt, die Eigentumsverhältnisse zu klären, zog sich in die Länge - zum Beispiel erschienen in der Züricher Zeitung ganzseitige Annoncen in denen nach ehemaligen Grundstücksinhabern gesucht wurde -, der Großteil der Flächen war also in der Hand des städtischen Souveräns. Und der städtische Souverän liess sich in Mitte durch Jutta Weiz gegenüber den zukünftigen Bar-, Projektraum-, Galerien- oder Clubbetreibern vertreten.
Im Gespräch mit Jutta Weiz wurde von ihr etwas angesprochen, was die Vorstellung von Gentrifizierung im Bezirk Mitte als quasi mechanisch-natürliches Prinzip um eine Facette erweiterte und die Protagonisten in ein neues Licht stellte. Natürlich, ihre Geschichte war eine vom Ende her (sie selbst beschrieb es als Scheitern) und solche Zizekschen Geschichtsbetrachtungen haben andere Intentionen als die, wo der Held der Geschichte noch mitzumischen wünscht. Es ist eine vielleicht ostdeutsche Erzählung, ich nannte es damals souveräne Selbstaufgabe.
Jutta Weiz sagte: Dennoch, es war doch auch mein Leben und ich habe es gemocht.

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