Florian Zeyfang
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Diese
Filmemmacher haben schon 1930 an der Transformation ihres Mediums gearbeitet,
und da liegt natürlich die Frage nahe, wie sehr man das Internet transformieren
kann, wenn es denn selbst noch so gar nicht Form sein sollte? Alle diese
Strategien unterscheiden sich natürlich insofern von der Praxis im Internet,
als die BetrachterIn bei Film und Projektionen keinen Einfluß auf den
Ablauf, die Geschwindigkeit, die Reihenfolge hat. Die Frage nach der "Interaktivität"
und andere technische Aspekte werden sich noch eine Weile in den Vordergrund
drängen, weswegen Lialina betont: "This work is more about love and loneliness
than about technology"9.
Vielleicht wird ja die Theoretisierung
des Standbildes, die Roland Barthes10 fordert, neu beleuchtet werden...
. Es sind nicht Probleme der Abgrenzung von Kunst und deren Überschreitung,
die zu der Gründung von Lialina´s Online Galery11 führten, sondern eher
der Wunsch nach finanzieller Anerkennung von net.art. Unwahrscheinlich,
daß es die erste Galerie im Netz ist, aber die erste mit einem Konzept,
das ausschließlich Netzkunst und zwar die einer bestimmten "Richtung"12
handeln will.
Buntings oben beschriebenes Frühwerk geht
angeblich für ein paar tausend Dollar über den Tisch, aber wie genau die
Eigentumsrechte sich gestalten, darüber ist nicht viel zu erfahren.
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Die Galerie stellt eine höchst symbolische Abkehr von
der im Netz so wichtigen "Geschenkökonomie" dar. Noch scheint die Aktivengemeinde
unterschiedlicher Meinung zu diesem Thema zu sein. Daß eigentlich jeder
Teilnehmer immer mehr aus dem Netz nimmt als er hineingeben kann, daß
man für jedes RealAudioFile 100 Samples zur Verfügung gestellt bekommt,
daß ganze Betriebssysteme in Kollaboration entstehen, wurde immer als
das Prinzip, als treibende Kraft des Netzes angenommen.
Dieses Prinzip verursachte manchmal auch ein gewisses
Gefühl des Zwangs zum Mitaufbau der "neuen Gesellschaft", stille Konsumer
wurden zu aktiverer Teilnahme aufgefordert und ähnliches... . Die Firmen
dieser neuen Gesellschaft haben sich die Geschenkökonomie inzwischen auch
zu eigen gemacht und verkünden offen, daß nur, wer seine Angebote verschenkt,
am Ende mit der Resonanz rechnen kann, die dann die Werbeaufträge bringt.
Wenn das Öffentliche und die Freiwilligkeit derart ökonomisiert
werden, kann der Vorstoß zur Galerie und andere Versuche der Privatisierung
als Gegenreaktion verstanden werden. Die (Selbst)Kommerzialisierung wird
dann zu einer Art Provokation und Abgrenzung. Diese Manifestation einer
"Avantgarde" äußerte sich in der Kunstwelt "draußen" in den letzten Jahren
auch immer lauter, nicht zuletzt als Nebeneffekt der oben angesprochenen
Debatten.
Aber der Provokationsaspekt erschöpft sich dann doch
irgendwann. An irgendeinem Ort kämpft das Internet immer um Akzeptanz.
Deswegen wird mit den Auswirkungen argumentiert: wieviele Stunden das
Zapatista Floodnet eine Regierungsseite lahmlegen konnte, oder daß die
Übernahme der CI einer bestimmten Firma der Künstlerin Rachel Baker tatsächlich
irgendwann Ärger eingebracht hat (nachdem sich die Firma mit ungewollten
Kommentaren konfrontiert sah).
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