Florian Zeyfang
(3)
Man
kann die fingierten Firmen, Zeitungen und Stadtseiten eher als Ironie
wahrnehmen, deren Kritikpotential von der Wirklichkeit längst ad absurdum
geführt worden ist und die nur mühsam karikieren, was dem Internet als
Werbemedium per se eingeschrieben ist. Diese Ergebnisse wurden von der
chronisch unterinformierten Kunstkritik zu recht nicht beachtet: Zu harmlos
war der Umgang mit der technikaffirmierenden Entertainmentqualität des
Internethypes, aber auch zu wenig entertainend waren viele der Ergebnisse.
Fast wie eine Bestätigung betonten NetzkünstlerInnen
in den letzten Jahren im Internet und in Interviews seltsam einverständlich
mit ihren KritikerInnen, sie wollten gar keine KünstlerInnen sein. Die
Distanzierung von Kunst und privatem Kunstmarkt hatte für sie seit Jahren
die Funktion, sich auf technische, innermediale und inhaltliche Aspekte
beziehen zu können und dabei nur einen losen Bezug zur Kunstgeschichte
zu halten, diese gleichermassen ignorierend und plündernd.
Viel Halbinteressantes wurde außerdem mit
dem Hinweis auf die Schwierigkeiten des auszuübenden Handwerk legitimiert.
Der Begriff des Handwerks hat auch in die Formulierungen Einzug gehalten,
mit denen im Einflußbereich des US - amerikanischen Kunsttheoriemagazins
October, aber auch im Kölner Texte zur Kunst, um die Definition des KünstlerInnentums
gerungen wird.
Die "Skills", die der/die KünstlerIn zu
entwickeln habe, sollen in Zusammenhang mit einem von ihm zu erfindenden
Medium stehen, welches ganz im Kunstkontext situiert ist.
Solchermaßen könne der Kunst die Autonomie
und Radikalität zurückgewonnen werden, die sie in den letzten Jahren verloren
habe. Zielscheibe der Kritik dabei sind Entwicklungen des letzten Jahrzehnts:
|
Ortsspezifische Kunst, Institutionskritik und Kontextkunst.
Deren Verbindungen von Disziplinen wie Soziologie / Sozialkritik mit Kunst,
oder in der Analyse von Kunst-als-Institution, sowie ihre Verquickung
von Produktion, Kunstkritik und Kuratorium in der Praxis sollen Verflachung
und selbst Institutionalisierung verursacht haben4. Kunst im Internet
entlehnt ihre Legitimationsmuster zum Teil den Kunstströmungen um Site
Specifity, Institutional- und Cultural Critique.
Daher
verwundert es nicht, daß viele der aktuellen Untersuchungen sich auf diesem
Hintergrund einer Kritik, die von kontraproduktiven Verquickungen der
Felder ausgeht, abspielt.Dabei arbeitet sich ironischerweise die Netzkunst
ganz brav an ihrem Medium ab, unter Einsatz aller vorhandenen Skills:
Heath Bunting beispielsweise hat mit seiner Internetseite, auf der in
blassem Grau ein Text über sein Leben und Wirken steht, eine fast schon
klassisch - steif anmutende Konzeptarbeit der Hyperlink-Ära erstellt:
jedes Wort dieser Vita ist aktiviert, stellt also eine
Verbindung zu einer anderen Netzseite dar, und zwar einer, der das selbe
Wort als Bezeichnung dient: zum führt zu www.zum.org, Beispiel zu www.Beispiel.com
- aber nur, wenn diese Seiten durch Zufall existieren, ansonsten ins Leere:
Bunting hat keine Seite dafür neu eingerichtet. Seine Seite macht einen
Kommentar zum Sprachgebrauch des Mediums, in dem sie wahrgenommen wird,
und zu einem Kommentar der künstlerischen (Selbst)Stilisierung. Darüber
führt sie allerdings, trotz aller Links, nicht hinaus.
|