Florian Zeyfang

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Meist handelt es sich bei den Arbeiten um das Erstellen von Software oder (HTML)Design. Erwähnt war schon Netzdesign und -layout. Es kann sich auch um Musik handeln; es gibt inzwischen Leute, die ihre "Geräusche" fast nur noch für Onlineradio produzieren, statt für Konzert oder Plattenfirma.

Auch das Betreiben von Mailinglists und die Verwaltung von benutzeraktiven Websites wird dazugezählt, und allerlei anderes2. Im nächsten Schritt wird das erstellte Stück dann mehr oder weniger multipel verteilt, oder besser: auch wenn es meist nur unter einer URL (oder Adresse) zu finden ist, steht es theoretisch endlos den Zugriffen zur Verfügung und wird auf X Computerbildschirmen X-mal neu "aufgebaut". Das steht gegen das Bild von industrieller Arbeit. Für den industriell erzeugten Gegenstand sind viele Menschen notwendig, die jedes Stück am Fließband zwar gleich, aber immer wieder neu herstellen.

In den industrialisierten Ländern hat sich die Arbeit auch durch die Vermehrung der Computerarbeitsplätze gewandelt. Das Verhältnis zur arbeitgebenden Instanz, zum Produkt, zur Verwaltung verändert sich , alles unter der Prämisse einer Individualisierung. Ein Nebeneffekt dieser Entwicklung ist, daß vieles an Arbeit gar nicht mehr als solche verstanden wird. Viele Layouter/ProgrammiererInnen in den Freelance - Pools der Internet- und Grafikfirmen machen ihre HTML-Seiten erstmal nebenbei, um sich ihr Leben und ihre eigenen Konzepte zu finanzieren, ihre Kunst und Videoprojekte.

Nach einer Weile nimmt, aus ökonomischen Zwängen oder auch aus Trägheit, die Arbeit am Layout immer größeren Raum ein und die anderen Arbeitskonzepte werden eher durch Ausgleichsmodi wie Bungee Jumping und längerer Urlaub auf Kuba ersetzt. Aber für die Arbeit am HTML hat sich trotzdem noch kein wirklicher Arbeitsbegriff eingestellt. Man arbeitet eigentlich nicht - aber ist damit fast die ganze Zeit beschäftigt. Die Artisan - Idee könnte hier einen Ansatz bieten, indem sie diese Tätigkeiten als Arbeit benennt.

Ein weiteres Ziel ist es ausgesprochenermaßen mit der Definition die Organisation zu ermöglichen, da die Industriegewerkschaften keine adäquate Repräsentanz für MedienarbeiterInnen zu bieten scheinen. Eine Ansicht, die auch von vielen anderen Medientätigen geteilt wird3.

Als Vorläufer für das neue Paradigma "selbstständiger" Arbeit wurde, von der Kritik und offensiver noch von den AnhängerInnen, auch schon mal die (bürgerliche) Vorstellung des/r unabhängigen KünstlerIn herangezogen. Die Werbebranche hat als erstes mit diesem Bild gearbeitet. Wie die Erzeugnisse der digitalen HandwerkerInnen werden auch Werbeproduktionen einmal erstellt und dann vielfach verteilt. Wieder treffen sich die beiden, nach den Werbung-ist-Kunst Kampagne der Achtziger; diesmal im Internet.

Das findet seinen Ausdruck auch in den Strategien der Kunst, oft mit nachteiligen Auswirkungen auf die Ergebnisse: Zu oft wurden im Netz überaffirmierende Taktiken hervorgekramt, wie sie in den 70gern und den späten 80gern in der Kunst abgehandelt wurden.