Peter Fritz Infotage

Die “Peter Fritz Infotage” im Pavillon der Berliner Volksbühne fielen etwas spröde aus. Wenig Information, aber viele Fragen. Fragen, die nicht nur die rätselhaften und obskuren Arbeiten des Herrn Fritz betreffen, sondern auch ihre Präsentation, die die Signatur des Sammlers Oliver Croy trug. Dieser entdeckte vor Jahren bei einem Wiener Altwarenhändler Säcke voller Achitekturmodelle und Massen an Dias, die er nun als seine Sammlung ausstellt. Oliver Croy spielt als Künstler Sammler. Und hier beginnen die Probleme. Seine Inszenierung der Basteleien Peter Fritz’ rivalisierte mit den ausgestellten Objekten. Es hatte den Anschein, Oliver Croy wollte als Künstler nicht unerkennbar bleiben und entschied sich deshalb dafür, seine collection trouvé in post-konzeptuellem Archiv-Look zu präsentieren. Die Modelle standen auf den Schachteln, in denen sie der Künstler aufbewahrt. Alle Objekte hatten Nummern und das Label “Sammlung Oliver Croy”. Es standen Archivordner herum, in denen alle Modelle fotografisch abgebildet waren und lediglich nach Typus (Einfamilienhaus, Pension...) und Maßen klassifiziert wurden.

Die ganze Inszenierung schien gewollt und stand in seltsamen Kontrast zum Gezeigten. Zwei Formen von Dilettantismus prallten auf einander. Dies zum Überbau.

Nun zum Material, dem Nachlaß von Peter Fritz. Von seiner Person weiß man, daß er Angestellter der Wiener Bundesländerversicherung war und 1978 starb. Er hatte eine Obsession, Modelle von Einfamilienhäuschen, Provinzbanken, oder Wohnblöcken zu basteln. Er imitierte eine schreckliche voralpenländische Spießerästhetik der Sechziger-/Siebzigerjahre, die vom Lederhosenstil über das selbstgeplante und -gebaute Traumhäuschen zum ländlichen Baumeisterfunktionalismus reicht. Und in dieser Imitation ist er Realist. Daß diese Modelle dann auch noch aus den Materialien dieser Zeit gebastelt sind, verschiedenste Tapetensorten (reliefartige und bemusterte) und Kunststoffe sowie Kartons verwendet, darin könnte man schon fast eine versteckte Architekturkritik sehen, was natürlich Herrn Fritz Anliegen allzusehr strapazieren würde. Er hatte anscheinend Lust am Basteln und lebte mit Vergnügen in jener Tapeten- und Furnierwelt. Denn seine Dias, über 1000 sind erhalten, zeigen vor allem Geselligkeit mit Frau und Tochter oder Kollegen aus der Versicherung und sein Landhäuschen, in denen jene Materialien auch vorherrschend sind. Peter Fritz ermöglicht einen authentischen Einblick in die kleinbürgerliche Angestelltenwelt der österreichischen Nachkriegszeit.

Er hatte anscheinend ein stark ausgeprägtes historisches Bewußtsein. Denn alle Dias haben den Anschein für eine Nachwelt gemacht zu sein (- die Reisedias sicherlich für Dia-Vorführabende mit Bekannten). Im Gegensatz dazu scheinen die Abgebildeten im Hier und Jetzt aufzugehen, oft scheinen sie völlig zu ignorieren, daß sie fotografiert werden.

Fritz war an der anonymen Baumeisterarchitektur seiner Zeit interessiert, von der er selbst die Gardinen oder Werbeschilder wiedergab. Die Berliner bewunderten Herrn Fritz Ästhetik mit großen Augen. Man fand die Sachen ganz toll, da ja die 60/70er nach wie vor in sind, andererseits kicherte man über den festen Bürokraten, mit Brille und seichtgelbem Pullover. (Fritz taucht ab und zu selbst in den Dias auf.)

 

Starship 2: Subjeskie Point - Cover You Never Know
  1. Editorial #2 Starship, Martin Ebner, Ariane Müller, Gunter Reski, Hans-Christian Dany
  2. Auf der Stereotaxie Michaela Eichwald
  3. Annoncen Martine Anderfuhren, Rachel Mader
  4. Fotogramme Markus Amm
  5. Point of view Natascha Sadr Haghighian
  6. Minimal sorgt für mich Hans-Christian Dany
  7. Einige zerfahrenen Gedanken um die Berliner Institution Kunstwerke Ariane Müller
  8. Volltext mit Bildboom Gunter Reski
  9. Das Institut Ariane Müller
  10. Don Quixote Judith Hopf
  11. Digital Saniarts Florian Zeyfang
  12. Christine Lemke Christine Lemke
  13. 40.000 Mercedes Bunz, Stefan Heidenreich, Ariane Müller, Hans-Christian Dany, Gunter Reski
  14. Vis à vis Nicolas Siepen
  15. Reykjaviks city children Egill Saebjornsson
  16. Russian art and the economic crisis in Russia Joseph Backstein
  17. Kofferökonomie Gülsün Karamustafa, Ayse Öncü
  18. Poster Nathalie Richter
  19. Die Kuratorin als Toastmaster SMEK
  20. Immer wieder fragen Bücher Starship
  21. Tanzania Aids Marisa Maza, Hans-Jörg Dilger
  22. Photographie und Gedenken Diedrich Diederichsen
  23. Schieß deinen Schuß Ingo Niermann
  24. Fünf Seiten im Kopf eines Künstlers Ran Huber
  25. Mit Gitter zum Bild Burkhard Mönnich, Thomas Palme
  26. Ein Drehbuch für Silke Yilmaz Dwiezior
  27. Peter Fritz Infotage Gerhard Frommel
  28. Raumfahrt ’98 - zum Nutzen der Menschheit Frauke Gust
  29. Fotobearbeitung: Jan Timme Jan Timme
  30. SimSex Sven Barske
  31. Spekulantentheorie Jesko Fezer
  32. Kai Althoff Kai Althoff
  33. Stirbt der Mensch als Künstler - Teil 2 Dany Müller
  34. Foto Elke aus dem Moore Elke aus dem Moore
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